Brandjoch Südgrat

Brandjoch Südgrat

Brandjoch Südgrat

Tolle Kletterei hoch über Innsbruck

Brandjoch Südgrat: Von Innsbruck aus jeden Tag im Blick

Dass die Nordkette immer einen Ausflug wert ist, das ist hinreichend bekannt. Alleine die Aussicht von den Nordkettenbahnen (Hungerburg, Seegrube, Hafelekar) ist ein Augenschmaus, aber es geht noch besser mit ausgesetzten Tiefblicken ins Tal! Hier kommt das Brandjoch ganz oben auf die Liste – man schaut ja von der Stadt und den umliegenden Gemeinden jeden Tag hinauf und hat den Südgrat und die Brandjochspitze direkt im Blickfeld. Lange schon wollte ich mal diesen tollen Grat begehen und in den letzten Tagen konnte ich das Vorhaben – dank sommerlichem Wetter – in die Tat umsetzen.

Brandjoch Südgrat
Vom Zustieg von der Seegrube aus gesehen – der Südgrat führt genau auf den höchsten Punkt – die Vordere Brandjochspitze

Es gibt mehrere Zustiege zum Brandjochkreuz, bei dem die eigentliche Tour „Südgrat Brandjochspitze“ dann wirklich startet. Viele davon sehr schweißtreibend, vor allem bei sommerlichen Temperaturen. Man kann natürlich direkt in Innsbruck starten, an einem sehr heißen Tag wird das allerdings eine schweißtreibende Angelegenheit.

Mit der Seilbahn kann man sich den Zustieg verkürzen

Mein Wahl fiel auf die Benützung der Nordkettenbahn, um Höhenmeter im Anstieg – vor allem aber im Abstieg – zu sparen. Also rauf mit der Seilbahn auf die Seegrube und von dort dem Schmidhubersteig in Richtung Westen folgen. Das Zwischenziel – der Anstieg zum Brandjochkreuz – ist ja schon von Weitem erkennbar. Aber je näher man dann kommt, umso verzweigter erscheint das Wegenetz. Beschriftet mit Wegweisern ist vor allem der Aufstieg zum Frau-Hitt-Sattel. Also ein bisschen Freestyle ist gefragt, will man sich dem Auf- und Ab-Spiel nicht stellen (so wie ich). Bald erreicht man aber schon den richtigen Weg und man visiert dabei direkt auf die große gelbe Signalstange zu, bei der auch der Weg durch die Latschen hindurch führt, um auf die westliche Seite des Sattels zu kommen, auf dem der Wanderweg zum Brandjochkreuz führt. Die sommerlichen Temperaturen sind auch auf dieser Höhe immer noch sehr deutlich spürbar und der Aufstieg ist alles andere als leicht, führt er doch auch durch die warmen Latschen.

Brandjoch Südgrat
Am Brandjochkreuz, das noch über Wanderwege erreichbar ist, hat man eine tolle Aussicht

Irgendwann ist der erste Teil dann geschafft und man darf die wunderbare Aussicht vom Brandjochkreuz genießen. Hier bietet sich der Platz für eine kleine Rast an, was auch zwei weitere Klettergruppen mit mir genützt haben. Hier trennen sich die Wege der Wanderer, die den Abstieg angehen und der Kletterer, die den Südgrat erklimmen wollen.

Am Brandjochkreuz trennen sich die Wege der Wanderer und Kletterer

Also Helm aufgesetzt, hier wird’s dann gleich mal steiler. Man kann bereits die Abbrüche und Felsformationen des Südgrates sehr gut von der Nähe betrachten und auf den ersten Blick sieht man hier kein Durchkommen. Zu schroff und steil stellen sich die Wände und Felsen dar, zu zackig erscheinen die Spitzen und glatten Aufbauten. Hier ist auch Orientierungssinn gefragt, man will sich ja keinen „Verhauer“ leisten, ist man, so wie ich, als Einzelperson am Start. Es hat sich im Verlauf allerdings so ergeben, dass ich mich einer Dreier-Klettergruppe junger Alpinisten angehängt habe, weil unser Klettertempo sich gleich angefühlt hat. Genauso wie ich waren die fitten Burschen seilfrei unterwegs und konnten den Grat ohne Zügel genießen. Dies half mir auch bei der Wegfindung vor allem im unteren Bereich, wo sich zwar Steinmännchen und leichte (verblasste) Markierungen befinden sollen, einem aber manchmal der Blickwinkel für selbige fehlt. Also lieber länger Ausschau halten, als scheinbar frequentierten Bändern zu folgen, die einen in eine Sackgasse bringen, musste ich dort lernen.

Brandjoch Südgrat
Am Grat selbst ist immer konzentriertes Klettern angesagt

Endlich durfte ich es live erleben: Das Reich der Steinböcke

Wer könnte denn hier Bänder so oft begehen, dass man den Steigspuren folgen will? Erster Gedanke: die zahlreichen Schafe, die hier grasen und in einer großen Herde wagemutig die steilen Hänge hin- und herlaufen. Beim näheren Begutachten der Losungen wurde mir aber schnell klar, dass diese steilen Kletterwände im oberen Bereich keine Schafe durchsteigen können. Mein Verdacht fiel also sofort auf unsere Freunde – die Gämsen. Hinter ein paar Felszacken konnte das Geheimnis aber unerwartet gelüftet werden – es handelt sich natürlich um Steinböcke, die sich in ihrem „Wohnzimmer“ ohne Seil bewegen, wie unser eins am flachen Boden! Endlich wurde mein lang gehegter Wunsch Wirklichkeit – außerhalb des Alpenzoos Steinböcke in freier Wildbahn zu erleben. Dies kann man zwar auch, wenn man Glück hat, von der Hafelekarbahn aus, aber abseits der Touristenmassen ist dies ein nachdrücklicheres – weil näheres – Erlebnis.

Brandjoch Südgrat
Steinböcke in freier Wildbahn

Nach einem kurzen Fotostopp also weiter am Grat, immer mal rechts oder links davon, manchmal direkt gerade hoch, immer der leichtesten und logischsten Linie folgend. Es folgen interessante Kletterstellen, wie der ausgesetzte und aalglatte Abstiegs-Boulder durch einen Einschnitt eines Felszackens, bei dem man keine Fehler machen darf. In der Topo findet man dies als „Kamin“.

Bald kommt auch der berühmte „Sprung“ von einem Türmchen zum anderen, auch als „Spreizschritt“ in diversen Topos bekannt. Für mich als groß gewachsenen Kletterer etwas enttäuschend, weil es einfach easy zu überwinden ist, trotzdem ein Erlebnis, diese „Zitterstelle“, von der man schon so viel gelesen hat, meistern zu können.

Brandjoch Südgrat
Auf der vorderen Brandjochspitze treffen die verschiedenen Aufstiegsrouten aufeinander

Die Grattürme scheinen unbezwingbar

Es folgen schöne Grattürme, die manchmal überklettert, aber auch einige Male westlich oder östlich umklettert werden müssen. Hätte ich mich besser an das Topo gehalten, wäre es nicht so spannend gewesen. Manchmal bin ich einfach meinem Gefühl gefolgt und einige Male deckte sich das Gefühl auch mit der Linie der drei Burschen vor mir. Manchmal haben sich auch die Burschen vor mir auf einen Turm verirrt, den ich locker umgangen bin, sie mussten umständlich abklettern oder umkehren.

Es wird nie langweilig und der Blick hinauf ist schlicht und einfach furchteinflößend. Von Weitem konnte ich schon eine Seilschaft beobachten, die die direkten Wände an den Türmen in Angriff nahm, aber scheinbar nicht von der Stelle zu kommen scheinte. Immer hatte ich das bedrückende Gefühl, den „richtigen“ (und mit maximal „3“ bewerteten) „Weg“ verpassen zu können. Man will sich hier nicht versteigen und Fehler machen, das Gelände verzeiht dies nicht!

Brandjoch Südgrat
Blick vom Frau-Hitt-Sattel auf den Innsbrucker Klettersteig und den Kemacher (2.480 m), höchster Punkt des Klettersteigs

Der Grat ist ein Klettererlebnis sondergleichen

Dennoch konnte ich in einen Kletter „Flow“ kommen und die Landschaft, die Tiefblicke und den Fels richtig genießen. Zu schön ist die Umgebung, ist die Herausforderung an sich, um dies nicht zu würdigen. Nach einigen Klettermetern ist man dann am Zielpunkt angelangt – dem Gipfelkreuz der Vorderen Brandjochspitze, auf der man zahlreiche Wanderer trifft, die vom Innsbrucker Klettersteig aufgestiegen sind.

Man sieht und trifft den Einen oder die Andere, mit dem und der man sich schon die Gondel beim Aufstieg geteilt hat. Als Rückweg entschied ich mich für den Abstieg und den neuen Aufstieg über den III. Teil des Klettersteigs von der Frau Hitt auf den Frau-Hitt-Sattel. Auch hier traf ich noch Gesichter, die ich einige Stunden zuvor noch in der Gondel vor mir hatte. Nach dem Frau-Hitt-Sattel brannten bereits meine Füße (neue Bergschuhe) und zwei Blasen machten sich bemerkbar, deswegen war der Abstieg auf den Schmidhuber-Steig dann relativ mühevoll. Die letzten Meter dann musste ich wieder aufsteigen zum Lift, um jenseits davon wieder zum Seegruben-Restaurant absteigen zu können. Leider hatte ich nicht genug zu trinken mit, weswegen ich einen Mordsdurst hatte. Der Kellner staunte nicht schlecht, als ich in Summe drei große Spezis (Cola-Orange von Grapos) in Rekordzeit in meine Kehle rinnen ließ. Ein toller und sehr heißer Tag ging in einer noch heißeren Talfahrts-Gondel dann auf der Hungerburg zu Ende.

Hier die Bildergalerie vom Brandjoch Südgrat:

Die Vordere Brandjochspitze auf Google Maps:

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