Eine Skitour in der Nacht ist etwas ganz Besonderes…
Tagsüber bei der Arbeit, der Feierabend findet im Dunkeln statt, das ist der Normalzustand in den Wintermonaten in Tirol. Man muss seinen inneren Schweinehund ganz schön überwinden – man muss raus aus seiner Komfortzone gehen – im wahrsten Sinne des Wortes. Müde von der Arbeit nach Hause kommen, sieben Sachen packen (und da kommt ganz schön viel zusammen in so einem Skitourenrucksack, bei mir zumindest) und ab zum nächsten Ausgangspunkt – zur Talstation einer Bergbahn zum Beispiel. Dort muss man meistens am Parkplatz bereits die Stirnlampe aktivieren, um seine Tourenschuhe anzuziehen und seine Skitourenausrüstung vorzubereiten.
Einfach im Tempo bleiben, seinen Rhythmus finden, das ist die Zauberformel…

Und es geht los: Im Dunkeln zu starten kostet einiges an Überwindung. Kommt dann noch eine ungünstige Wetterlage (Kälte, Regen, Schneefall, Wind) hinzu, möchte man am liebsten gar nicht losgehen. Das Gefühl von Einsamkeit, Verlassenheit, fast schon Verzweiflung befällt einen schlagartig. Warum tue ich mir das an? Wieso will ich mir das selbst beweisen?
Gefühl von Einsamkeit, Verlassenheit, fast schon Verzweiflung…
Doch im Inneren weiß man es: es kommen Glücksgefühle auf einen zu! Einfach seinen Rhythmus finden, das ist die Zauberformel. Sobald man dann sein persönliches Tempo halten kann – der Körper gibt unmittelbar Rückmeldung – geht es dann etwas leichter dahin. Zuerst wird der Atem schwerer, man fängt an zu schwitzen, man lehnt den anstrengenden Aufstieg ab. Doch desto mehr man sich den Mühen hingibt, umso mehr löst sich die körperliche Belastung auf.

Geistig bin ich am Anfang meistens noch etwas gestresst, von den Gedanken des Tages, von der Anstrengung, aber je mehr Höhenmeter ich zurücklegen kann, desto weiter weg sind die Sorgen, Ängste oder Grübeleien. Es ist, als würde ich einen meditativen Zustand erreichen. Mit jedem Schritt, der im Rhythmus stattfindet, befinde ich mich in einem tranceartigen Zustand. Da sind schwere Gedanken dann plötzlich immer leichter zu ertragen, bis sie dann ganz in der Ferne verschwinden.
Brauche ich eine Stirnlampe – ich sage „Nein!“
Zumindest im Aufstieg ist die Stirnlampe meistens verzichtbar. Es herrscht an klaren Tagen genügend Umgebungslicht (Schlagwort: Lichtverschmutzung), um das nötige – die Aufstiegsspur – auszumachen. An bewölkten Tagen ist das Erlebnis noch intensiver, die Lichter der Stadt und der umliegenden Gemeinden erleuchten die Skitourenspur noch mehr. Wer auf Vollmondtouren steht und das Glück hat, einen wolkenlosen Himmel zu erwischen, der weiß es – es gibt wenig intensivere Momente, als einen Gipfel zu erklimmen nur mit dem Licht des Mondes.

Es gibt Skitourengeher:innen, die brauchen sogar auf der beleuchteten Piste eine Stirnlampe. Klar, wenn man mitten auf der Skipiste aufsteigt, will man von abfahrenden Gleichgesinnten erkannt – und nicht überfahren – werden. Warum aber will man in der Nacht aufsteigen, wenn man alles hell erleuchtet? Gerade das Gefühl, weniger als tagsüber sehen zu können, bestimmte Sachen auszublenden, das macht den Aufstieg in der Nacht für mich doch aus!
Nebenbei bemerkt gibt es noch den Bewegungsschwindel, der manche Leute heimsucht. Ich gehöre normalerweise nicht dazu, eine unregelmäßig hin- und hergeschwenkte Stirnlampe weckt aber fast Aggressionen in mir.
Wohin gehen in der Nacht?
Meine Lieblingstouren nach der Arbeit ergeben sich aus der Not heraus: es braucht ein schnell erreichbares Gebiet, je nach Schneelage einen Lift als Zubringer oder eine Zustiegspiste, die genügend Schnee aufweisen kann. Das Wichtigste aber ist der Sicherheitsaspekt: wenn es sich um ein Skigebiet handelt, müssen Skitouren in der Nacht genehmigt sein, also keine Skipisten-Präparierung stattfinden. Eine Begegnung mit einer Pistenraupe wünsche ich niemandem, jeder weiß, dass Präparierungsarbeiten oft am Stahlseil stattfinden, welches tödlich sein kann für aufsteigende oder abfahrende Tourengeher:innen! Geht man eine „freie“ Skitour sollte man sich vorher informieren, ob es Sperrgebiete gibt (Schlagwort: Schongebiete für Wildtiere, Schutzzonen!).

Um Innsbruck herum zu leben bietet viele Vorteile, ein großes Plus ist einwandfrei die Tatsache, dass einige Skigebiete schnell erreichbar sind. Man hat eine Wahl, wohin die Tour gehen soll. In der Nacht ist die Auswahl nicht so groß, wenn man sich für ein gesichertes Skigebiet entscheidet. Dazu gibt es jedes Jahr eine Übersicht, an welchen Wochentagen Nachtskitouren ausdrücklich erlaubt sind.




